Unternehmensnachfolge: Referentenentwurf des BMF veröffentlicht
Das BMF hat den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ veröffentlicht. Der Entwurf regelt insbesondere die Abgrenzung des begünstigten von dem nicht begünstigten Vermögen, die Freistellung von Kleinstbetrieben von den Lohnsummenregelungen, die Einführung einer neuen Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb „großer“ Betriebsvermögen sowie die Einführung eines Abschmelzmodells als Wahlrecht für den Erwerb großer Betriebsvermögen. Wir geben Ihnen einen ersten Überblick.
Hintergrund: Das BVerfG hatte die Erhebung der derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuer insgesamt für mit der Verfassung unvereinbar erklärt. Die geltenden Regelungen sind jedoch bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber Frist für eine Neuregelung bis zum 30.6.2016 gesetzt (BVerfG, Urteil v. 17.12.2014)
Neudefinition des begünstigten Vermögens:
Das BVerfG hat es für unverhältnismäßig gehalten, dass die Verschonung auch eintritt, obwohl das betriebliche Vermögen bis zu 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Dies macht es in Zukunft erforderlich, Vermögen grds. zu besteuern, das für nicht verschonungswürdig gehalten wird. Da damit eine genaue Abgrenzung des für verschonungswürdig gehaltenen Vermögens erforderlich wird, sieht der Entwurf eine Neudefinition des begünstigten Vermögens vor:
- Vermögen begünstigt, das seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient
- Hierdurch Abgrenzung von verschonungswürdige Vermögen von nicht verschonungswürdigen Vermögen. Missbräuchlichen Gestaltungen wie der sogenannten „Cash-GmbH“ oder „Sparschwein-GmbH“ wird vollständig die Grundlage entzogen
- Die nach dem Finanzmitteltest verbleibenden Schulden werden quotal dem begünstigten und dem nicht begünstigten Vermögen zugeordnet. Da Betriebe zur Kapitalstärkung auch einen gewissen Umfang nicht begünstigten Vermögens benötigen, wird ein Teil des originär nicht begünstigten Vermögens (wertmäßig in Höhe von 10 Prozent des begünstigten Nettovermögens) wie begünstigtes Vermögen behandelt
- Das begünstigte Nettovermögen wird bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen konsolidiert ermittelt. Die Umgehungsmöglichkeiten mittels des Kaskadeneffekts werden damit beseitigt
Lohnsummenregelung:
- Die Arbeitnehmerzahl, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen sind, wird auf drei Arbeitnehmer abgesenkt, um die Ausnahme von der Lohnsummenregelung auf eine relativ kleine Gruppe von Betriebsübergängen zu beschränken
- Bei Betrieben mit vier bis zehn Arbeitnehmern wird dem besonderen Bedürfnis für eine Flexibilisierung der Lohnsummenregelung Rechnung getragen, weil hier schwer kalkulierbare Folgen bei Wechseln in der Beschäftigtenzahl im Hinblick auf das Einhalten der Mindestlohnsumme eintreten können. Dazu wird die Mindestlohnsumme bei einer Lohnsummenfrist von fünf Jahren auf 250 Prozent beziehungsweise bei einer Lohnsummenfrist von sieben Jahren auf 500 Prozent abgesenkt
- Gestaltungen bei der Lohnsummenregelung durch Aufspaltung von Betrieben und Übertragung in mehreren Schritten wird durch Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahl und der Lohnsummen entgegengewirkt
Wird großes begünstigtes Vermögen (mehr als 20 Mio. Euro) erworben, wird eine Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt. Unterhalb dieser Summe verbleibt es bei der bisherigen Steuerbefreiung, wobei die Lohnsummenregelung und die Behaltensfristen einzuhalten sind. Die Prüfschwelle erhöht insbesondere bei Familienunternehmen sich auf 40 Mio. Euro bei bestimmten qualitativen Merkmalen in den Gesellschaftsverträgen oder Satzungen. Oberhalb der Prüfschwelle von 20 Mio. bzw. 40 Mio. Euro wird auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Verschonungsbedarfsprüfung durchgeführt. Sofern dem Erwerber genügend übrige Mittel zur Verfügung stehen, um die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuerlast zu tragen, scheidet eine Verschonung aus.
Hinweis: Die Änderungen sollen erstmals auf Erwerbe angewendet werden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Änderungsgesetzes entsteht. Der Wegfall der bereits gewährten Steuerbefreiungen (§ 13c Abs. 3 Satz 3 und 4 ErbStG und § 13a Abs. 9 Satz 2 ErbStG) bei früheren Erwerben von derselben Person innerhalb von zehn Jahren findet ebenfalls erst für Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung des Änderungsgesetzes entsteht.
Download Referentenentwurf des BMF vom 02.06.2015
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