BGH AZ: ZR 257/15
Keine Insolvenzanfechtung bei Unterstützungskassenversorgungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer

Immer wieder sind Insolvenzverwalter bei einer Unternehmensinsolvenz bestrebt, dass angesammelte Vermögen aus der betrieblichen Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer in die Insolvenzmasse zu ziehen. Dieser Vorgehensweise hat das BGH in einem aktuellen Urteil eine klare Absage erteilt.
(BGH AZ: ZR 257/15 vom 08.12.2016)

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Der Fall:

Am 12.04.2006 trat eine GmbH (Trägerunternehmen) einer überbetrieblichen Gruppenunterstützungskasse in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins bei.

Im Zuge des Beitritts wurde für den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH eine Versorgung für eine Alters- und Witwenrente beantragt.

Gemäß dem Leistungsplan der Unterstützungskasse, der mit Wirkung zum 01.01.2007 in Kraft trat, erhielt der GmbH Geschäftsführer nach Renteneintritt eine monatliche Altersrente i.H.v. 3.455 EUR.
Nach seinem Tode sollte die hinterbliebene Witwe eine monatliche Hinterbliebenenrente i.H.v. 1.847 EUR erhalten.

Zur Finanzierung der Versorgung hat das Trägerunternehmen insgesamt 866.165 EUR an die Unterstützungskasse dotiert.

Der der Versorgung zu Grunde liegende Leistungsplan der Unterstützungskasse enthält unter anderem folgende Klausel:

„Die zugesagten Leistungen werden durch einen von der Unterstützungskasse auf das Leben des Mitarbeiters abgeschlossenen Versicherungsvertrag rückgedeckt (…) Alle Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag stehen ausschließlich der Unterstützungskasse zu.“

Zudem wurde im § 12 der Satzung der Unterstützungskasse folgendes geregelt:

„ Die Trägerunternehmen verzichten grundsätzlich auf jegliche Rückforderungen des für sie jeweils gebildeten Kassenvermögens (auch aufgrund eines etwaigen gesetzlichen Rückforderungsanspruchs (…) Dies gilt auch für den Fall, dass die Mitgliedschaft des Trägerunternehmens nach § 4 erlischt.“

In einer als  „Nachtrag zum Leistungsplan“ bezeichneten Vereinbarung zwischen der Unterstützungskasse, dem Geschäftsführer und seiner Ehegattin, wurde die zusätzlich durchgeführte Verpfändung der zwischenzeitlich abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung zu Gunsten des Geschäftsführer und seiner Frau bestätigt.

Im Oktober 2008 haben die GmbH und der Gesellschafter-Geschäftsführer den Rentenbezug beantragt.
In Folge dessen zahlte die Unterstützungskasse die Altersrente in vereinbarter Höhe an den Geschäftsführer. Seit dessen Tod im Jahre 2011 erhält die Witwe die vereinbarte Hinterbliebenenrente.

Im Jahr 2009 trat die Insolvenz des Trägerunternehmens ein. Es wurde ein Insolvenzverwalter bestellt und ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Im Zuge des eingeleiteten Insolvenzverfahrens verlangte der Insolvenzverwalter von der Unterstützungskasse Auskunft über die gemäß des Leistungsplanes bereits erbrachten Leistungen sowie die Höhe des noch verbliebenen Guthabens.

In dessen Ergebnis forderte der Insolvenzverwalter im Wege der Schenkungsanfechtung die Rückzahlung des verbliebenen Kapitals i.H.v. 703.401 EUR.

Dieser Aufforderung folgte die Unterstützungskasse nicht und verwies auf die in der Satzung der Unterstützungskasse verankerte Zweckbindung des Kassenvermögens. Gemäß dieser körperschaftsteuerlich geforderten Zweckbindung darf die Unterstützungskasse nur Leistungen in Form der betrieblichen Altersversorgung erbringen.

Der Insolvenzverwalter klagte nun gegen die Unterstützungskasse.

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Das Urteil:

Der Bundesgerichtshof entscheid sich in seinem Urteil (AZ ZR 257/15 vom 08.12.2016) zugunsten der Unterstützungskasse.

In der Urteilsbegründung erklärten die Richter des BGH u.a. den im Rahmen der Satzung zwischen Unterstützungskasse und Trägerunternehmen vereinbarten Verzicht auf Herausgabeansprüche durch das Trägerunternehmen allgemein und auch insolvenzunabhängig für wirksam.

Zum genauen Wortlaut des Urteils

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Die Konsequenz:

Nachdem bereits das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 29.09.2010 (AZ: 3 AZR 107/08) der im Insolvenzfall vom Insolvenzverwalter geforderten Herausgabe von Vermögen, resultierend aus unverfallbaren Ansprüchen von Arbeitnehmern eine eindeutige Absage erteilt hat, bestätigt nun das vorliegende Urteil des BGH darüber hinaus die „Insolvenzfestigkeit“ von Unterstützungskassen-Versorgungen für Gesellschafter-Geschäftsführer.

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Aber Vorsicht!

Die Satzungen und Leistungspläne der einzelnen Unterstützungskassen sind individuell formuliert.

Hier befinden sich die Unterstützungskassen regelmäßig in der „Zwickmühle“ zwischen einer möglichst großen Flexibilität für die Trägerunternehmen auf der einen und einem bestmöglichen Insolvenzschutz sowie den körperschaftsteuerlichen Anforderungen auf der anderen Seite.

Wie das Urteil des Bundesgerichtshof zeigt, können wenige – für die meisten Leser unscheinbare Sätze – über die Standhaftigkeit von Insolvenzschutzmaßnahmen entscheiden.

Hier sollten die Trägerunternehmen sowie deren Berater sehr genau hinschauen und im Zweifelsfall unbedingt den Rat von erfahrenen Experten hinzuziehen.

Zum BGH-Urteil

BAG-Urteil AZ: 3 AZR 107/08 vom 29.09.2010

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