Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Familienmitgliedern: Eine vermeintliche Sicherheit mit häufig fatalen Folgen

Obwohl vor inzwischen 10 Jahren begrüßenswerte gesetzliche Regelungen zur verbindlichen Klärung der Sozialversicherungspflicht von in Familienunternehmen mitarbeitenden Familienmitgliedern getroffen wurden, besteht noch immer in mehreren hunderttausend Fällen akuter Handlungsbedarf und dies zum Teil dringender denn je.

Nach wie vor über 500.000 Familienmitglieder betroffen

Schätzungen zufolge arbeiten über eine Million Familienmitglieder im Unternehmen des Ehepartners oder Lebensgefährten, der Eltern oder auch Kinder und von anderen Verwandten oder nahestehenden Personen mit.

Auch wenn sie auf dem ersten Blick wie alle anderen Arbeitnehmer im Unternehmen des Verwandten angestellt sind, ist die Mitarbeit der Angehörigen in vielen Fällen nicht nur durch eine familienhafte Rücksichtnahme, sondern vielmehr durch besondere, mitunter auch vertragliche Beziehungen geprägt.

Arbeitnehmer oder doch Mitunternehmer?

Gerade diese besonderen Beziehungen und zum Teil auch vertraglichen Verbindungen, die das Verhältnis zwischen Firmeninhaber und Arbeitnehmer prägen, machen eine klare Einstufung als Arbeitnehmer oder doch Arbeitnehmer mit mitunternehmerischen Eigenschaften aus Sichtweiser der Sozialversicherungsträger so schwierig und lassen für alle Seiten immer wieder zu viel Luft für unterschiedliche Interpretationen.

Die notwendige Differenzierung der sozialversicherungsrechtlichen Betrachtung von der steuerlichen Betrachtungsweise, eine nach wie vor ausgesprochen uneinheitliche Rechtsprechung und die in den letzten 20 Jahren mehrfach wechselnde Prüfpraxis der unterschiedliche Sozialversicherungsträger mit oftmals absolut widersprüchlichen Ergebnissen, gestalten die unerlässlich eindeutige Klärung der Versicherungspflicht für den betroffenen Personenkreis, die Unternehmen und deren betreuenden Berater ausgesprochen kompliziert.

Regelmäßig knifflig wird es, wenn es im Laufe der Mitarbeit der Angehörigen zu Änderungen der vertraglichen Beziehungen kommt. Der z.B. als Lehrling eingestellte Nachwuchs immer mehr zum Stellvertreter oder gleichberechtigter Partner des Unternehmers wird. Die Ehefrau z.B. Bürgschaften für aufgenommene Firmenkredite übernommen hat oder diese durch Abzahlung des Kredites entfallen.

Die vermutete Sicherheit ist oftmals nicht gegeben

Auch wenn es seit 2005, bzw. 2008 ansatzweise klare gesetzliche Regelungen für die verbindliche Feststellung der Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Familienmitgliedern gibt, so weisen diese bis heute weitreichende Lücken auf und dies mit gravierenden Folgen.

So wurden in den im §7a SGB IV getroffenen Regelungen anfangs nur die Ehegatten und erst ab 2008 die Akömmlinge des Betriebsinhabers in die obligatorische Prüfung der Sozialversicherungsträger bei Neueinstellung in den Familienbetrieb einbezogen.

Vor 2005, bzw. 2008 eingestellte Ehepartner und Kinder werden bis heute in die obligatorische Prüfung nicht mit einbezogen. Eine erneute, automatische Prüfung, z.B. bei maßgeblichen Änderungen innerhalb des Beschäftigungsverhältnis oder der vertraglichen Beziehungen gibt es nicht. Lebensgefährten, Eltern, Geschwister und andere Verwandte werden auch zukünftig von der obligatorischen Prüfung gänzlich ausgeschlossen.

Es droht Gefahr vor unliebsamen Überraschungen

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Nach wie vor begründet eine in den meisten Fällen über Jahrzehnte erfolgte Beitragszahlung keinen automatischen Anspruch auf spätere Leistungen.  So ist es im Sozialgesetz festgeschrieben.

Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, dass  – ganz gleich ob aus Unwissenheit, einer Fehleinschätzung resultierend aus vorangegangenen, unzureichenden Prüfungen oder einfach nur bedingt der zwischenzeitlich veränderten Verhältnisse –  unbegründet keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, drohen dem Unternehmen Beitragsnachforderungen, die schnell in einen hohen fünfstelligen oder sechsstelligen Bereich erreichen.

Der Sozialversicherungsstatus muss regelmäßig geprüft

Besser einmal mehr, als zu wenig sollten mitarbeitende Familienmitglieder und den Firmeninhaber nahestehende Personen und deren Unternehmen den sozialversicherungsrechtlichen Status überprüfen, bzw. die Notwendig einer Überprüfung durch fachlich versierte Spezialisten beurteilen lassen.

Auch sollte das Ergebnis möglicher vorangegangener Prüfungen spätestens nach vier Jahren auf den Bestand, bzw. das Zutreffen auf die aktuell bestehenden Verhältnisse und vor allem in Hinsicht der sich erheblich geänderten Prüfpraxis der Sozialversicherungsträger überprüft werden. Hier sind die Erfahrung und das Wissen von für diese Tätigkeiten zugelassene Spezialisten unbedingt gefordert.

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Lesen Sie mehr zu diesem Thema:

Konsequenzen für Familiengesellschaften durch die Rechtsprechung des BSG vom 29.08.2012

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